
Vom in Bad Salzungen geborenen Indie Rock-Künstler Manuel Bittorf aka Betterov wird am 07. November 2025 ein neuer Longplayer unter dem Titel “Große Kunst“ erscheinen. Darauf hat er mit dem Produzenten Tim Tautorat zusammen gearbeitet.
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Betterov ist die personengewordene Kreuzung zweier Welten. Um sich die eigene Zerrissenheit zu vergegenwärtigen, braucht er höchstens vier Autostunden. Vier Autostunden – das ist die Distanz zwischen der Dreieinhalbmillionenstadt, in die Betterov vor knapp zehn Jahren entlaufen ist und dem Neunhundert-Seelen-Dorf im thüringischen Hinterland, das ihn gemacht hat. Gewissermaßen ist jener Fleck Erde sogar seine Heimat; zumindest, wenn Heimat einen Ort meint, der dir bei jedem Besuch ein barsches »Vergiss nicht, wo du herkommst« entgegenspuckt und dein Leben so essenziell geprägt hat, dass du ihn – selbst wenn du wolltest – nie und nimmer vergessen wirst. Weil er tiefe Narben hinterlassen und deine Familiengeschichte bis weit in die Zukunft geschrieben hat; weil er einen Großteil deiner Reflexionsprozesse angestoßen, dich zum Außerirdischen gemacht und letztendlich zur Emanzipation gezwungen hat; weil er der Grundstein des gewichtigen Dilemmas deines Lebens ist. Betterovs zweites, am 7. November 2025 bei Universal Music erscheinendes Studioalbum »Große Kunst« ist eine multiperspektivische Bespiegelung eben dieses Dilemmas.
Es dokumentiert die Schlägerei seines Protagonisten mit internalisierten Heimatgefühlen – und ein bittersüßes Nachhausekommen. Gleichzeitig erzählt es vom Was davor geschah – von serpentinenartigen Biografien, von Flucht, von Stacheldraht, von Ferngläsern, von einem selbsternannten Friedensstaat, der aus Ruinen auferstand und Ruinen hinterließ. Anstatt von großer Kunst zu singen, singt Betterov von ihrer Absenz – und vom tiefen Riss zwischen Proletariat und Kulturklasse. Letzterer hat in Betterovs Musik seit eh und je eine zentrale Rolle gespielt. Betterov, das sind seit seiner Debüt-EP »Viertel vor Irgendwas« spitze Alltagsbeobachtungen, die die Meisten übersehen. Das sind Bedeutungen im Banalen und Banalitäten im Bedeutungsschwangeren; das sind verschnörkelte Gedankenspiele und große Bilder in kurzen Zeilen; das sind galgenhumorige Gefasstheiten und belangvolle Erkenntnisse, die sich oft erst im allerletzten Satz eines Songs verstecken; das ist die Mitte zwischen Bitterkeit und Nachsicht; das ist die verzweifelte Suche nach Happy Ends im ewigen »Schaffen und Raffen und Husten und Hass«.
Betterov kann Elefanten zur »Mücke« und Mückenstiche zu Elefantentritten machen, kann düstere Phantasien à la »im Dussmann aus der vierten Etage springen« beiläufig-euphorisch und Lappalien Marke »Newsletter fluten mein ganzes Postfach« desaströs-dramatisch klingen lassen. 2022 hat er mit »OLYMPIA« ein allseits beklatschtes Top-5-Album veröffentlicht, dessen Herzstück vom Prokrastinieren erzählte – will sagen: Betterov genügt selbst das Nichtstun als sattelfeste Grundlage einer weitschweifenden Ballade. Das Debütalbum »OLYMPIA« und die im Oktober 2023 nachgeschobene Erweiterung »OLYMPIA (Ehrenrunde Deluxe)« samt neuer Stücke und Gastbeiträgen von Paula Hartmann, Blumengarten und Provinz haben Betterov über die deutsche Indieszene hinaus bekannt gemacht. 2022 hat er den Preis für Popkultur gewonnen, bei Late Night Berlin, Inas Nacht und Studio Schmitt gespielt und den prall gefüllten Festivalsommer mit einer ausverkauften Headliner-Tour gekrönt.
Danach wurde es im öffentlichen Raum einige Zeit still. In seinem Zimmer wuchs derweil der Entschluss, das eigene Aufwachsen offensiver denn je in den Mittelpunkt eines neuen musikalischen Großprojekts zu stellen.
Mit »Große Kunst« entstand direkt zu Beginn dieses Prozesses das titelgebende Rahmenstück der nächsten Evolutionsstufe in Betterovs Diskografie. Am Ende der Reise steht nun ein zweites Album, das sich deutlich konzentrierter anfühlt als sein Vorgänger. Einmal mehr hat Betterov die neuen Lieder in Zusammenarbeit mit Produzent Tim Tautorat aufgenommen – immerhin hat dieser seinen Sound von Beginn an entscheidend mitgeprägt. Betterov, das ist immer noch eine unverkennbare Indie-Spielart, die trotz ihrer Schroffheit feierlich zu glitzern scheint, kühlen Dark-Wave-Elementen warme, große, zeremoniöse Melodiebögen entgegensetzt und in ihrer traurigschönen Dynamik nicht selten an »There Is A Light That Never Goes Out« oder »In Between Days« erinnert. Auffällig ist, dass »Große Kunst« deutlich orchestraler, organischer,
auch harmonischer und zugleich aufbrausender klingt als »OLYMPIA«. Die tiefen Hallräume früherer Tage sind im Angesicht breiterer Instrumentierungen geschrumpft; Betterovs dichter, basslastiger, mal röhrender, mal geradezu geflüsterter Gesang verzweigt sich neuerdings gehäuft in mehrstimmigen Vorstößen.

Während satte Akustikgitarren und wuchtige, drangvolle Pianoflächen spürbar an Präsenz und Bedeutung gewonnen haben, spielen schmissige E-Gitarrenriffs auf »Große Kunst« – anders als zuletzt – häufig nur Nebenrollen. Die wohl offensichtlichste Neuerung im Betterov-Sound? Streicher! Sie dienen als Klebstoff des Albums, verknoten die einzelnen Songs miteinander und umrahmen sie mit klassischen Werken. In der Bilanz changiert Betterovs neue Platte klanglich wieder und wieder zwischen sehnsuchtsvollen, schleppend-bedrohlichen, hektischen und befreit aufbrandenden Momenten. Am Anfang der Tracklist steht das trüb-melancholische, von Klavierschlägen, Gitarren und einem Xylofon gezeichnete »Alles nur ein Film«. Danach explodiert »Du hast in mein Herz gemalt« in treibenden Refrains und dem ersten von mehreren überbordenden Songfinals. Im Anschluss beginnt die Synthpop-eske Rauscherzählung »So High« zu hämmern. Sie katapultiert ihre Hörer*innen mit Vehemenz in eine von grauzerschlissenen Fassaden, rauchenden Türmen, Hühnerställen, Wäschespinnen und öden Weiten geprägte Kulisse.
Genau hier – an diesem strukturschwachen Fleckchen Erde am südwestlichen Rand der ehemaligen DDR, das 1994 einen gewissen Manuel Bittorf ausgespuckt hat – spielt ein Gros der Szenen in »Große Kunst«. Hier, wo den Leuten Beschwertheit anzusehen ist, selten ein Bus hält und jeder Schritt von irgendwem gesehen wird. Hier, wo selbst jene, die nach der sogenannten Wende geboren wurden, ein Diktaturtrauma haben und der Politik misstrauen. Hier, wo einst Grenzpolizisten patrouillierten, weil hessische Wälder nur einen Steinwurf entfernt sind. Hier, wo heute Nachbarn mit dir am Grill stehen, die dich früher bespitzelt haben; wo zähnefletschende Rottweiler auf »Hier wache ich«-Schildern an Hoftoren alles Unbekannte fortscheuchen sollen. Unter der Woche wird im Akkord geschweißt, am Wochenende wird der Vierzigtonner ausgefahren – Betterov kannte es lange nicht anders, saß nach Schulschluss selbst »ganz oben auf dem Beifahrersitz«. In der rührenden Vater-Sohn-Geschichte »Papa fuhr immer einen großen LKW« mit abgesetztem, aufwallenden Schlussteil schildert er eine wache, im thüringischen Arbeitermilieu zu verortende Kindheitserinnerung, die paradoxerweise gewisse Parallelen zu seiner heutigen Berufsrealität im Tourbus aufweist.
Dass sein Herkunftsort ansonsten herzlich wenig mit Betterovs Leben in der Kreativblase gemein hat, wird im hymnenhaften Schlüsselsong »Große Kunst« deutlich. Kirmes statt Lesekreis, Echter Nordhäuser statt Dom Perignon, Kreisliga-Fußball statt Theaterparkett, Schweigen statt Dichten – in Ostdeutschland ticken die Uhren anders. »Große Kunst« beschreibt ein Phänomen, das bislang selten derart plastisch verdichtet wurde: Durch die Gesellschaft zieht sich ein Äquator, der die selbsternannte Kulturklasse von der Pragmatiker*innen-Kaste trennt. Erstgenannte bevölkern hippe Szeneviertel, entstauben im Monatsrhythmus die eigene Plattensammlung, sind stolz auf ihre Dauerkarte im Arthouse-Kino – und ganz besonders darauf, dass sie Van Gogh, Donatello, von Lowtzow und Wilde zu verstehen meinen. Sie blicken auf jene herab, die – zumindest vermeintlich – weniger eloquent, belesen und gutmenschlich vor sich hin existieren. Auf der anderen Seite wird mit bockiger Verachtung und hämischem bis aggressivem Blick auf das süffisante Gehabe der bequemen Matcha-Latte-Akademiker*innen geblickt – in fester Überzeugung, dass »all die großen Namen« ohne jeden Zweifel »nur für die anderen gemalt« haben. Auch wenn die Zeile »du interessierst dich doch für Goethe, hier ist meine Faust« seine realen Erfahrungen fiktiv überspitzt, hat Betterov beide Flanken jenseits des Hochkultur-Äquators kennengelernt – und gewissermaßen die Seiten gewechselt.
Der familiengeschichtlich einschneidendste Tag seines Lebens hat sich rund fünf Jahre vor seiner Geburt ereignet – am »17. Juli 1989«. In den Morgenstunden jenes Tages verabschiedete sich sein Vater in eine fremde Welt und riskierte – während der Rest des Dorfes schlief – mehrere Jahre in Haft. Im trügerisch träumerischen Stück »17. Juli 1989« zeichnet Betterov jene spektakuläre Republikflucht in die BRD nach. »18. Juli 1989« und »Sag nicht deinen Namen« kreisen anschließend um die haarsträubenden Konsequenzen, die jene Flucht für die gesamte Familie gehabt hat. »Aus Begegnungen in der Nachbarschaft wurden Vermutungen, schriftlich zusammengefasst«; gleichzeitig verursachten Vernehmungen, in denen die Stasi seine Mutter einzuschüchtern versuchte, ein Generationen-übergreifendes Trauma. Es übertrug sich Jahre
später unter anderem in Gestalt des Ratschlags seiner Eltern auf Betterov, draußen auf offener Straße lieber nicht zu viel Identität preiszugeben – »unser Name stand in Akten, das wirst auch du nicht los«.

Harter Tobak, das alles; aber eben schlichtweg das Fundament der Künstler-Persona Betterov, die nur wegen beschriebener Lebensgeschichte – der Provinzjugend in der Post-DDR, dem Erfahrungsschatz seines Elternpaars – klingt wie sie klingt und singt wie sie singt. Mit »Große Kunst« ist Betterov ein Meisterwerk gelungen; und ein Siebenmeilenschritt aus dem sicheren Kokon. Seine verzweifelte Suche nach einem wie auch immer gearteten Happy End scheint in den letzten Akten des Albums endlich Früchte zu tragen. Im Zuge des schmiegsamen Liebeslieds »Immer die Musik« bedankt sich Betterov bei der Retterin seines Lebens – »Wenn ich dachte, ich bin besiegt, jetzt sink’ ich durch bis in das Nichts‘, war da immer die Musik«. In diesem Moment scheint sich auch der Heimatdiskurs wie selbstverständlich in Wohlgefallen
aufzulösen; die Gitarre, das Klavier, der Textblock, der Reim, die Bühne, die Band, der Nightliner – das ist heute Betterovs Zuhause und hoffentlich die Lösung des Dilemmas seines Lebens.
In 2025 wird Betterov an ausgewählten Terminen Solo am Klavier zu hören sein, in 2026 steht eine umfangreiche GSA-Tour auf dem Spielplan.
(Presse-Info)
Hier das Video zu „In Meinem Zimmer Spielen Sich Dramen Ab“:
Und hier das Visualizer Video zu „So High“:
Große Kunst – Tour 2026 (Präsentiert von Bedroomdisco, diffus.de)
04.03.26 Dresden, Tante Ju
05.03.26 Wien, Wuk
06.03.26 Linz, Posthof
07.03.26 München, Muffathalle
09.03.26 Stuttgart, Im Wizemann
10.03.26 Freiburg, Jazzhaus
12.03.26 Bern, Gaskessel
13.03.26 Zürich, Plaza
14.03.26 Dornbirn, Conrad Sohm
16.03.26 Nürnberg, Z-Bau
17.03.26 Frankfurt, Batschkapp
18.03.26 Köln, Carlswerk Victoria
20.03.26 Dortmund, Junkyard
21.03.26 Osnabrück, Botschaft
22.03.26 Bremen, Schlachthof
23.03.26 Hannover, Pavillon
24.03.26 Jena, Kassablanca
26.03.26 Leipzig, Felsenkeller
27.03.26 Magdeburg, Factory
28.03.26 Hamburg, Docks
29.03.26 Berlin, Huxleys Neue Welt
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Betterov – „Große Kunst“ (Album – Island Records/Universal Music)